Gegen die Angriffe von oben…

Weltweit nehmen die Angriffe auf Arbeits- und Lebensbedingungen, von den Herrschenden „Krisenlösungen“ genannt, der arbeitenden Bevölkerung zu. Ob in Form von Entlassungen, Rentenkürzungen, Lohnsenkungen oder ganzen Sparpaketen: Es zeigte sich auch im vergangenen Jahr, dass die Konsequenzen dieser längst noch nicht überstandenen Krise des Kapitalismus auf die untere Klasse abgewälzt wird. Aussagen wie jene von Christine Lagarde, Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), dass es in Bezug auf die Weltwirtschaft wegen des Schuldenschnitts in Griechenland Grund zu mehr Optimismus geben würde, zeigen auf, wo die Grenzen innerhalb der Gesellschaft verlaufen. Sie verlaufen nicht zwischen da und hier, sondern zwischen oben und unten. Doch Grund zu Optimismus gibt es weder für die Bevölkerung Griechenlands noch für jene anderer „Krisen“-Staaten. Der Schuldenschnitt wurde vom IWF durchgedrückt und von der griechischen Regierung auf brutale Weise umgesetzt, sprich: Die Löhne wurden gesenkt, die Renten gekürzt, Versicherungen abgeschafft. Auch in der spanischen Jugend, mit einer Arbeitslosigkeit von 46%, dürfte ein Blick nach Griechenland wenig Optimismus, sondern vielmehr grosse Besorgnis auslösen. Es zeigt sich, dass sich die Angriffe auf die prekären Lebensverhältnisse des Proletariats verschärfen und dies nicht nur in Griechenland oder Spanien, sondern auf der ganzen Welt an der Tagesordnung steht.

Auch wenn in der Schweiz die Verschärfungen der Lebensverhältnisse der unteren Klasse in ihrem Ausmass nur schwer einem internationalen Vergleich standhalten können, so greifen auch hier die­selben Mechanismen, mit welchen die Krisen des Kapitalismus bewältigt werden sollen:
Sozialleistungen sollen gekürzt, Arbeitsverhältnisse flexibilisiert und rentabilisiert werden. Das jüngste Beispiel für die Schweiz sind hier etwa die Leistungskürzungen im Rahmen der IV Revision 6b, das Sparprogramm SAN 10, die Kürzungen und Teuerungen an den Fachhochschulen und Universitäten, die Kurzarbeit oder der nicht enden wollenden Ruf nach einer Erhöhung des Rentenalters.

Weltweit kämpfen…

Auch wenn das Ausmass und die Intensität der Angriffe der Herrschenden auf die Lebensbedingungen der unteren Klasse in den letzten Jahren teilweise jeglichen Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse zu ersticken scheinen, so lässt ein Blick auf die internationalen Geschehnisse doch auch eine andere Optik und so auch mehr Hoffnung zu. Denn weltweit formieren sich Protest und Widerstand gegen die Abwälzung der Krise nach unten:
So machten in Deutschland vor einiger Zeit streikende Fluglotsen Schlagzeilen, weil das Arbeitsge­richt ihren Streik illegalisierte. Derartige Interventionen der Herrschenden bei Arbeitskämpfen sind weder neu noch verwunderlich, denn gerade der Flughafen ist ein Ort, wo sich die Macht der Arbeiter_innen konzentrieren kann: Es ist ein Ort, wo logistische, militärische und finanzielle Interessen des Kapitals zusammenlaufen, gleichzeitig aber auch verschiedenste ArbeiterInnen und Angestellte zusammenkommen. So hat sich beispielsweise bei diesem Streik gezeigt, dass auch eine Intervention von vermeintlich wenigen Personen eine Gegenmacht von unten darstellen kann, da es sich um einen für das Kapital sehr zentralen Ort handelt.
Ganz Ähnliches ereignete sich bei der Hafenbesetzung in Oakland. Der Arbeitskampf der Hafenar­beiter entwickelte sich zu einer derart intensiven Klassenkonfrontation, dass der US-amerikanische Staat sogar mit einem Militäreinsatz gedroht hat. Hunderte von HafenarbeiterInnen haben dort ihren Hafen gestürmt und die Ladungen zerschlagen. Die Gewerkschaft und ihre Mitglieder wurden allesamt verhaftet. In diesem Arbeitskampf hat das wichtige Moment der Verbindung verschiedener Kämpfe innerhalb der unteren Klasse letztendlich zum Sieg geführt: Eine neuartige soziale und po­litische Bewegung, die Occupy-Bewegung hat sich mit dem Arbeitskampf der Hafenarbeiter solida­risiert und verbündet.
In vergleichbarer Weise geschah dies auch im Fall der seit November 2011 streikenden 300 Stahlar­beiter von Halyvourgia Ellados in Griechenland. Der Unternehmer wollte die Arbeiter dazu zwin­gen, eine Verkürzung des Arbeitstags auf 5 Stunden und eine Lohnsenkung um 40 % zu akzeptie­ren. Dies hätte einen Monatslohn von 500 Euro ergeben. Der anfänglich sehr unbekannte Streik, es wurde wie so oft in den grossen bürgerlichen Medien kaum darüber berichtet, hat mittlerweile eine sehr breite Unterstützung erfahren und die Inhalte der Streikenden führen weit über Lohnforderungen hinaus. So sehen die streikenden Stahlarbeiter ihre Arbeitsniederlegungen mittlerweile nicht als blossen Arbeitskampf, sondern als Widerstand gegen die Angriffe von Staat und Kapital auf die Würde und Lebensbedingungen aller GriechInnen der unteren Klasse.
Auch die Interventionen gegen ein neues Terrasse für den Hochgeschwindigkeitszug Treno Alta Ve­locità (TAV) haben sich zu einem Widerstand entwickelt, in welchen Inhalte verschiedenster Grup­pierungen Einzug fanden und sich die Kämpfe durch eine breite Solidarität verbinden konnten. So wird im Val di Susa, einem Alpental unweit von Turin, bereits seit Ende der 1990er der Widerstand gegen diese neue Trasse für den Hochgeschwindigkeitszug auf die Straße getragen. Bis jetzt mit Er­folg: Die Bauarbeiten haben auch nach gut zwanzig Jahren Bauplanung noch immer nicht begon­nen. Trotz Spaltungsversuchen des italienischen Staates ist der Widerstand breit und vernetzt, so dass zusammen mit der ansässigen Bevölkerung immer wieder Baustellenbesetzungen und Solidemos in verschieden Städten Italiens stattfinden können.

… auch in der Schweiz

In den bürgerlichen Medien wird hierzulande gerne betont, dass die Schweiz weitgehend von der Krise verschont sei und alles ruhig bleibe. Wirft man jedoch einen genaueren Blick auf die Ereignisse der vergangenen Jahre, so fällt auf, dass diesem bürgerlichen Schöngerede viele (klassen)kämpferische Auseinandersetzungen gegenüber stehen:

So haben beispielsweise die Arbeiter der SBB-Werkstätten (Officine) in Bellinzona im Frühjahr ’08 33 Tage lang gestreikt und ihre Werkstatt besetzt. Durch eine breite Mobilisierung von Gesellschaft und Politik konnten über 400 Beschäftigte die Restrukturierungspläne der SBB-Direktion er­folgreich bekämpfen und den Standort erhalten.
Im Oktober vergangenen Jahres kündigte Novartis den Abbau von rund 1100 Arbeitsplätzen in der Schweiz an. Es ging um 760 Stellen in Basel und die Werksschliessung mit 320 Arbeitsplätzen in Nyon. Schon am Abend der Verkündung der Massenentlassung versammelten sich in Nyon 120 Ar­beiterinnen und Angestellte und beschlossen Kampfmaßnahmen gegen die bevorstehende Werks­schliessung und schon kurze Zeit später stand die ganze Belegschaft dahinter. ArbeiterInnen und Angestellte kämpften gemeinsam gegen ihre Entrechtung.
Die Ergebnisse der Kämpfe sind durchwachsen: In Basel wurde die Anzahl der vom Abbau Betroffenen von 760 auf 670 reduziert. Der grösste Anteil des Abbaus soll über interne Versetzungen und Frühpensionierungen geregelt werden, so dass es noch zu maximal 250 Entlassungen kommen soll.

… und in Zürich

Im Moment ist auch der öffentliche Raum der Stadt Zürich von verschiedenen Protesten geprägt.
So setzten sich beispielsweise am 9. März 2012 ca. 200 Studierende mit einer lautstarken Spontandemo und einer kurzzeitigen Besetzung des Gebäudes der Bildungsdirektion gegen die geplanten Studiengebührenerhöhung und die zunehmende Ökonomisierung der Bildung zur Wehr. Gegen den zunehmenden Bildungs- und Sozialabbau wurde am 31. März erneut demonstriert.
Ein anderes Beispiel ist die Demo gegen die Räumung der seit 6 Jahren bestehenden Kultur- und Wohnfabrik „Binz“. Doch an dieser Demo wurde nicht nur mehr Raum für Kultur und Leben eingefordert, sondern auch lautstark gegen die Gentrifizierung, also gegen die Aufwertung bisher preiswerter Wohnviertel protestiert. Die Kritik an der neoliberalen Version kapitalistischer Urbanisierung wurde auf die Strasse getragen und so zeigt all dies, dass die Kritik vieler junger Menschen über einfache Tagesforderungen hinausgeht. Aktuell wird offensichtlich auf eine neue Art und Weise die eigene Betroffenheit in einen grösseren gesellschaftlichen Zusammenhang gestellt und vermehrt eine antikapitalistische Haltung eingenommen.

Diese Haltung spiegelte sich teilweise auch bei den Krawallen wieder, welche letztes Jahr im Abstand einer Woche am Central und Bellevue stattfanden. Die Riots wurden von den bürgerlichen Medien einmal mehr als reines Chaotentum abgetan. Dies ist falsch, denn der Ursprung der Auseinandersetzung lag in der Kritik an den zunehmenden Repressalien, Einengung von Freiräumen und totalen Kommerzialisierung von Kultur und Freizeit. So sind die Krawalle zwar vorbei, doch die Wut und die Kritik bleiben. Deshalb ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Wut neu entlädt. Sei es wegen erhöhten Studiengebühren, der zunehmenden Repression, den restriktiven Massnahmen in den Betrieben, dem Sozialabbau, dem herrschenden Sexismus, Wohnungsnot und alledem, was uns der Kapitalismus noch zu „bieten“ hat!

Der erste Mai ist ein Tag, an dem wir unsere Kämpfe verbinden können und gemeinsam stark werden, in Zürich und anderswo. Tragen wir die revolutionäre Perspektive gemeinsam auf die Strasse!

Für einen starken 1. Mai!

Der einzige Ausweg aus der Krise heisst Revolution!